Vorstellungsgespräch: Schwächen
Im Vorstellungsgespräch willst Du Dich von Deiner besten Seite präsentieren, Defizite passen da kaum ins Bild. Dennoch fragen Personaler immer wieder gezielt nach den eigenen Schwächen. Wie ist diese Frage zu verstehen? Welche Bedeutung messen wir ihr bei? Und vor allem: Wie sieht eine angemessene Antwort aus?
Die Frage nach den Schwächen: Obwohl seit Jahrzehnten fester Bestandteil im Fragenkatalogs eines jeden Personalers, sind noch immer viele Bewerber um Antwort verlegen, sobald es um die eigenen Unzulänglichkeiten geht. Schließlich scheint jegliches Eingeständnis von Unvollkommenheit potenziell die Chancen auf den ersehnten Job zu gefährden.
Gänzlich unbegründet ist diese Sorge zwar nicht, denn tatsächlich lässt die Reaktion auf die Frage nach Schwächen durchaus gewisse Rückschlüsse zu. Doch „nobody’s perfect“, das gilt auch im Berufsleben. Wir verraten Dir, wie Du mit ein wenig strategischer Planung auch diese Hürde souverän meisterst.
Die Ausgangssituation
Um die Furcht vor dieser vermeintlich verfänglichen Frage zu mildern, wollen wir uns zunächst noch einmal die Gesprächssituation ins Gedächtnis rufen. Zum Zeitpunkt des Vorstellungsgesprächs steht Deine grundsätzliche Eignung nicht mehr in Frage – von Deiner fachlichen Kompetenz haben sich die Personaler bereits anhand Deines Bewerbungsprofils überzeugen können. Im direkten Gespräch will Dein zukünftiger Arbeitgeber deshalb vor allem einen unmittelbaren und möglichst umfassenden Eindruck Deiner Person gewinnen. Ob und wie reibungslos Du Dich in ein bestehendes Team oder die jeweiligen Unternehmenskultur einfügst, darüber entscheiden immer auch zwischenmenschliche Faktoren. Parallel zu der inhaltlichen Ebene überprüfen Arbeitgeber deshalb im Vorstellungsgespräch stets auch Deine sogenannten „soft skills“.
Warum fragen Personaler im Vorstellungsgespräch nach den Schwächen?
Nun bist Du in Deiner Rolle als Bewerber selbstverständlich um möglichst professionelles Auftreten bemüht. Um dennoch einen Blick hinter diese Fassade zu erhaschen, kreieren Personaler im Verlauf des Bewerbungsprozesses unerwartete, zuweilen sogar unangenehme Gesprächssituationen. Zu diesen „Stressfragen“ zählt auch die Aufforderung zur Auseinandersetzung mit den eigenen Schwächen.
Die Frage dient jedoch nicht ausschließlich dazu, Dich aus der Reserve zu locken. Die Überprüfung Deines Umgangs mit defizitären Eigenschaften zielt hauptsächlich auf Fähigkeiten wie Selbstreflexion und -kritik, Lösungsorientierung und vorhandenes Entwicklungspotenzial. Deshalb fragen Personaler in der Regel nach Deiner Selbsteinschätzung, anstatt Dich mit von außen wahrgenommenen Schwächen zu konfrontieren.
Wie bereitet man sich auf die Frage nach den Schwächen im Vorstellungsgespräch vor?
So notorisch die Frage nach den eigenen Schwächen auch sein mag, so voraussehbar ist sie auch. Personaler bedienen sich deshalb zunehmend subtilerer Frageformen, um ihr eigentliches Interesse zu verschleiern. Gängige Formulierungen, die Dir stattdessen heutzutage im Vorstellungsgespräch begegnen können, sind z.B.:
- „Wie würden Ihre Freunde/Kollegen Sie beschreiben?“
- „Was würden Sie gerne an sich ändern?“
- „Welche Eigenschaften Ihres derzeitigen Vorgesetzen bewundern Sie besonders?“
- „Auf einer Skala von 1 bis 10, wie würden Sie Ihre (Kompetenz) bewerten?“
Auch Deinen Lebenslauf solltest Du im Vorfeld sorgfältig auf Schwachstellen überprüfen und mögliche Nachfragen antizipieren. Lege Dir Erklärungen zurecht, aber verfalle keinem Rechtfertigungszwang. Stehe zu Lücken und Fehlern der Vergangenheit und verkaufe diese als Erfahrungen, an denen Du gewachsen bist.
Der Hintergrund dieser Fragen bleibt unabhängig der konkreten Form im Kern unverändert. Ausgehend davon kannst Du Dich daher gezielt und strategisch vorbereiten. Denn eine Antwort verlangt die Frage in jedem Fall: Schulterzucken oder langes Grübeln wirken unreflektiert, die Verneinung jeglicher Schwächen zusätzlich noch überheblich.
Antworten: Formen und Strategien
Eine passende Antwort hingegen ist sowohl authentisch als auch konstruktiv. Idealerweise signalisierst Du Deinem Gegenüber, das Du Dich aufrichtig mit Deinen Schwächen auseinandergesetzt hast, diese identifizieren und eingestehen kannst und aktiv daran arbeitest, sie zu überwinden.
Authentizität ist auf dem Arbeitsmarkt generell ein hohes Gut und wird auch im Vorstellungsgespräch entsprechend honoriert. Dies belegen auch diverse Studien unter Personalern und Bewerbern: Richtig verpackt wird eine eingestandene Schwäche nicht zu Deinem Nachteil ausgelegt, sondern steigert Deine Chancen mitunter erheblich!
Auf Phrasendrescherei und Standardfloskeln solltest Du deshalb unbedingt verzichten. Auch die Strategie, Stärken als Schwächen zu tarnen, gilt es zu unterlassen. Entsprechende Versuche („Ich bin zu perfektionistisch“, „Ich arbeite zu viel“) sind ebenso durchschaubar wie unzeitgemäß. Zudem entpuppen sich derartige Umdeutungen bei genauerer Betrachtung zumeist eben doch als eindeutig negative Charaktereigenschaften.
Bei allem Mut zur Ehrlichkeit solltest Du Dich dennoch überlegt äußern und überbordende Offenheit vermeiden. Beschränke Dich auf eine oder maximal zwei Beispiele und achte darauf, von Dir genannte Defizite stets im beruflichen Kontext zu verorten. Berücksichtige dabei die Anforderungen der konkreten Stellenausschreibung: Eine offenbarte Schwäche sollte weder den Kernkompetenzen der Stelle zuwiderlaufen noch völlig belanglos erscheinen.
Anders als es Dich manch ein Karriereblogger glauben machen will, sind humoristische Ausflüchte übrigens ein absolutes No-Go. Wenn Du es im Vorstellungsgespräch an der nötigen Ernsthaftigkeit vermissen lässt, entsteht schnell der Eindruck, dass Dir an der Stelle wenig gelegen ist.
Der Verweis auf bereits überwundene Schwächen ist indes eine legitime Strategie. Vergangene Erfolge in Sachen Selbstoptimierung kannst Du zur Veranschaulichung Deiner Haltung anführen: Erzähle, wie es Dir gelungen ist, eine Deiner Schwächen in den Griff zu bekommen, ohne deren Existenz gänzlich zu leugnen.
Mustergültige Antworten?
Wie schwer eine Schwäche tatsächlich wiegt, hängt dabei immer von dem jeweiligen Job ab: In der Buchhaltung fällt mangelndes Organisationstalent anders ins Gewicht als in einer Kreativagentur, fehlendes Durchsetzungsvermögen verzeiht man einer Führungskraft kaum, dem Berufseinsteiger hingegen ohne weiteres. Apropos Berufseinsteiger: Wenig bis keine Praxiserfahrung kannst Du guten Gewissens als Schwäche deklarieren; dieser stellst Du dann ein hohes Maß an Motivation gegenüber, oder etwa die Fähigkeit, Dich schnell und eigeninitiativ in neue Felder einarbeiten zu können.
Falls das Eingeständnis eines bestimmten Defizits Dich augenblicklich disqualifizieren oder berechtigte Zweifel an Deiner Eignung zulassen würde, solltest Du Deine Berufswahl besser noch einmal überdenken.
Eine allgemeingültige Lösung gibt es folglich zwar nicht, eine gelungene Antwort folgt aber grundsätzlich immer grob dem Muster: ehrliches Eingeständnis einer tatsächlichen Unzulänglichkeit + Nennung einer konkreten Gegenmaßnahme. So demonstrierst Du lösungsorientiertes Denken sowie die Bereitschaft, bestehende Unzulänglichkeiten als zu bewältigende Herausforderungen anzunehmen. Die Inanspruchnahme unterstützender Angebote (Weiterbildungen, Trainings), die Schaffung von Routinen oder der Einsatz geeigneter Hilfsmittel (To-Do-Listen) etwa zeugen von eindeutigem Willen, erkannte Schwachstellen zu kompensieren oder zu korrigieren.
✓ Bereite Dich vor, indem Du Deine Schwächen unter Berücksichtigung der jeweiligen Stelle kuratierst | ✘ Antworte nicht vorschnell oder unüberlegt |
✓ Mut zur Unvollkommenheit: Gib Dich authentisch und selbstkritisch | ✘ Versuche nicht, Dich als perfekt zu verkaufen |
✓ Präsentiere konstruktive und konkrete Lösungsansätze | ✘ Verzichte auf Floskeln und durchschaubare Vermeidungsstrategien |
✓ Demonstriere Wachstums- und Entwicklungschancen | ✘ Flüchte Dich nicht in Belanglosigkeiten oder Ironie |
✓ Deute Schwächen als Herausforderungen, denen Du begegnest | ✘ Verfalle keinem Rechtfertigungszwang |
Nobody’s perfect!
Der Umgang mit den eigenen Schwächen im Bewerbungsprozess ist eine delikate Angelegenheit und verdient besondere Aufmerksamkeit; mit einer unüberlegten Antwort outest Du Dich schnell als unqualifiziert. Gleichzeitig solltest Du die Bedeutung der Frage auch nicht überbewerten, schließlich macht diese nur einen Bruchteil des Vorstellungsgesprächs aus. Ebenso wenig erwarten Arbeitgeber von ihren Angestellten makellose Vollkommenheit.
Allein aus Zeitgründen findet deshalb auch keine tiefenpsychologische Auseinandersetzung mit Deinem Profil statt, daran haben die Personaler auch gar kein Interesse. So ausgeklügelt Deine Antwort auch ausfallen mag, letztlich wird auch niemand aufgrund besonders geeigneter Schwächen eingestellt! Belasse es bei einer wohlüberlegten Antwort, widme Deine volle Konzentration dann dem weiteren Gesprächsverlauf und überzeuge mit Deinen Kompetenzen.
Gut gewappnet und um keine Antwort verlegen steht der nächsten Bewerbung nichts mehr im Wege. Jede Menge geeignete Jobs findest Du in unserem Stellenmarkt, wir wünschen viel Erfolg bei der Suche!